Geschäftsordnung zur Koordination der Patientenbeteiligung
In Schleswig-Holstein nach § 140 f SGB V

Allgemeines

§ 1 Zweck der Regelung

1. Die vorliegende Geschäftsordnung verfolgt den Zweck, die Organisation und das Verfahren der Abstimmung der in der Patientenvertretung beteiligten Organisationen bei der Auswahl von Patientenvertreter*innen sowie bei der Ausübung ihrer gesetzlich verankerten Beteiligungsrechte für die nach § 140f SGB V genannten Gremien auf Landesebene zu regeln.

2. Da nach den gesetzlichen Vorgaben des § 140f SGB V in Verbindung mit der Patientenbeteiligungsverordnung die Benennung von Patientenvertreter*innen auf der Landesebene auch durch die maßgeblichen Patientenorganisationen auf Bundesebene erfolgt, regelt die folgende Geschäftsordnung die Ausübung des Vorschlagsrechts der Landesorganisationen.

Organe der Patientenvertretung

§ 2 Maßgebliche Patientenorganisationen

1. Maßgebliche Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene sind die gemäß § 140g SGB V in Verbindung mit der Patientenbeteiligungsverordnung (PatBeteiligungsV) anerkannten Organisationen:

• Deutscher Behindertenrat – DBR (VdK, SoVD, BAG SELBSTHILFE und deren Mitgliedsverbände, FORUM chronisch Kranke, ISL, ABID, Weibernetz)
• Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen DAG SHG
• Verbraucherzentralen Bundesverband – vzbv
• Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen – BAGP

2. Die maßgeblichen Organisationen zur Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Men-schen lassen sich aus der Gesetzbegründung zu § 140f Abs. 3 SGB V erschließen. Darin heißt es, dass, soweit vorhanden, dies die Landesverbände der in § 140g genannten und anerkannten Organisationen oder deren landesweit tätige Mitgliedsverbände sind. Maßgebliche Organisationen im Sinne von § 140f Abs. 3 SGB V sind in Schleswig-Holstein:

Der Deutsche Behindertenrat hat keine Landesorganisationen gebildet. Entsprechend werden für ihn die Landesverbände seiner Mitgliedsorganisationen tätig, die auf Bundesebene aktiv in der Patientenvertretung sind. Dass sind:

• die Landesorganisationen des Sozialverbandes Deutschland e.V. (SoVD)
• die Landesorganisationen des Sozialverbandes VdK Deutschland e.V.
• die Landesorganisationen der BAG SELBSTHILFE e.V. oder deren landesweit tätigen Mitgliedsorganisationen z.B. Rheuma Liga.
• die Repräsentanten der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e. V. (ISL).

Soweit es auf Landesebene eine Organisation gibt, die dem Forum Chronisch Kranker des Paritätischen Gesamtverbandes entspricht, könnte auch diese Organisation sich beteiligen. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte „Wittener Kreis“ in NRW. Das bedeutet jedoch kein Beteiligungsrecht für den Wohlfahrtsverband selbst.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen und -initiativen (BAGP) wird auf Landesebene durch Patientenberatungseinrichtungen vertreten, die Mitglied in der BAGP sind.

Auf der Landesebene beteiligungsberechtigt für die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. (DAG SHG) sind neben ihren eigenen Einrichtungen, ihren Mitgliedsorganisationen, die Vertretungen der Landesarbeitsgemeinschaften der Selbsthilfekontaktstellen sowie die Landeskoordinierungsstellen der Selbsthilfeunterstützung. Diese sollen Mitglieder der DAG SHG sein.

Bei der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) sind die Verbraucherzentralen auf der Landesebene zu beteiligen.

Im Ausnahmefall kommt eine Akkreditierung weiterer Landesorganisationen analog § 13 der Geschäftsordnung des Koordinierungsausschusses auf Bundesebene in Betracht. Eine solche Akkreditierung ist aber nur im Einvernehmen mit dem Koordinierungsausschuss auf Bundesebene möglich.

§ 3 Koordinierungsausschuss auf Landesebene (KooA-SH)

Die gemäß § 140g SGB V maßgeblichen Organisationen zur Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene bzw. soweit vorhanden, deren Landesverbände oder deren landesweit tätige Mitgliedsverbände

• Sozialverband Deutschland Landesverband Schleswig-Holstein e.V.
• Sozialverband VdK Deutschland Landesverband Schleswig-Holstein e.V.
• BAG Selbsthilfe vertreten durch die Rheuma Liga Schleswig-Holstein e.V.
• Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. vertreten durch KIBIS-Kiel
• Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V
• Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein e.V.

bilden einen Koordinierungsausschuss.

Bundesarbeitsgemeinschaft der Patient*innenstellen – BAGP hat bisher keine Landesorganisationen gebildet oder Vertreter*innen in Schleswig-Holstein, ist aber berechtigt, wenn sich dieses ändert, sich an dem Koordinierungsausschuss zu beteiligen.

Die maßgeblichen Organisationen erhalten jeweils einen Sitz. Jeder Sitz hat eine Stimme. Sie entsenden je ein Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied. Verzichtet eine zur Entsendung berechtigte Organisation auf die Besetzung des Sitzes, dann wird dieser Sitz nicht anderweitig vergeben. Die verzichtende Organisation kann den Platz im Koordinierungsausschuss jederzeit wieder einnehmen.

§ 4 Aufgaben des KooA-SH

1. Der KooA-SH hat die Aufgabe, sich einvernehmlich über die Akkreditierung und über die Vorschläge zur Benennung von Patientenvertreter*innen (sachkundige Personen) auf Landesebene abzustimmen.
Akkreditierung: Anerkennung von Personen, die als Sachkundige die Aufgaben der Patientenvertretung wahrnehmen können und damit für konkrete Gremien benannt werden könnten (Pool der Patientenvertretung).
Benennung: Bestimmung der Personen, die zu konkreten Themen, festen Terminen in definierte Gremien entsandt werden.

2. Der KooA-SH regelt darüber hinaus weitere Aufgaben:

• Innen- und Außenvertretung der Patientenbeteiligung nach §140f SGB V
• Organisation der Treffen der Patientenvertreterinnen und Patientenvertrete
• Reflektion der gelebten Patientenbeteiligung
• Kooperation mit den Geschäftsstellen der Gremien, bei denen die Patientenbeteiligung umgesetzt wird.
• Motivation und Unterstützung der Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter z.B. durch Schulungen und Fortbildungen oder Vermittlung bei Konflikten
• Entwicklung gemeinsamer Positionen
• Information von Öffentlichkeit, Fachgremien und Interessierten über Arbeit und Positionen der Patientenvertretung
• Zusammenarbeit mit nicht nach §140f SGB V definierten Patientenorganisationen

Zum Beschluss der Aufgaben nach Absatz 4 Absatz 2 wird Einvernehmen angestrebt, ist aber nicht erforderlich.

3. Der Koordinierungsausschuss setzt sich zum Ziel, Beteiligungsmöglichkeiten auch über Beteiligungen nach §140f SGB V hinaus zu prüfen und weiterzuentwickeln und verpflichtet sich dem Leitbild der Patientenbeteiligung auf Bundesebene.

§ 5 Sekretariat oder Federführung

1. Zur gesicherten Erreichbarkeit benennt der KooA-SH einvernehmlich eine federführende Stelle für die Dauer von maximal drei Jahren. Neubenennung der gleichen Organisation für die Federführung ist möglich.

2. Die Hauptaufgabe der Koordinierungsstelle auf Landesebene ist es, die Kommunikation nach innen und nach außen sicherzustellen. Sie ist Korrespondenzadresse der Patientenvertretung auf Landesebene.

Sie muss aber nicht zwingend die Rolle des Sprechers / der Sprecherin der maßgeblichen Patientenorganisationen auf Landesebene übernehmen.

3. Die federführende Stelle unterstützt den Koordinierungsausschuss auf Landesebene in organisatorischer Hinsicht:

• zur Herbeiführung des Einvernehmens bei der Abstimmung von Benennungsvorschlägen.
• Sie reicht die abgestimmten Vorschläge bei der Bundesebene ein.
• Überwachung von Fristen der Benennungen
• ggfls. Notwendigen Abbenennungen

§ 6 Vollversammlung der maßgeblichen Patientenorganisationen auf Landesebene

1. Für die im Koordinierungsausschuss auf Landesebene vertretenen Organisationen ist es wichtig, auch in regelmäßigem Austausch mit allen ihren Partner- bzw. Mitgliedsorganisationen zu stehen. Daher soll mindestens einmal jährlich eine Vollversammlung aller benannter Patientenvertreter*innen einberufen werden.

2. Gegenstand der Vollversammlung können sein

• die Verständigung über gemeinsame Ziele
• die Reflexion der Arbeit der Patientenvertretung im Bundesland,
• der Erfahrungsaustausch aus der Gremienarbeit,
• die Klärung von Schulungs- und Weiterentwicklungsbedarfen.
• Bericht des Koordinierungsausschuss und der federführende Stelle über ihre Arbeit.

§ 7 Sachkundige Personen (Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter)

Die sachkundigen Personen vertreten aufgrund ihrer Erfahrung und ihrer Sachkunde die Interessen von Patientinnen und Patienten in den Beratungs- und Entscheidungsprozessen für die Themenfelder, für die sie benannt sind. Sie orientieren sich in ihrem Handeln und ihren Äußerungen an den Zielen der Patientenvertretung. Dabei verfügen sie über die Kompetenz und Bereitschaft, die Aufgaben der Patientenvertretung aktiv und gemeinsam in Abstimmung mit anderen Patientenvertreter*innen wahrzunehmen, um eine möglichst wirkungsvolle Vertretung der Interessen von Patientinnen und Patienten zu erreichen.

1. Maßgeblich für eine Akkreditierung und Benennung ist, dass keine Interessenkollisionen von Patientenvertreter*innen aus anderen beruflichen, privaten oder finanziellen Beziehungen mit der Vertretung der Belange von Patientinnen und Patienten bezüglich des jeweils behandelten Beratungsgegenstands bestehen oder entstehen können. Insbesondere gilt: Die sachkundigen Personen sind unabhängig von in den Gremien auf Landesebene vertretenen Leistungserbringern (niedergelassene (Zahn-) Ärztinnen und (Zahn-) Ärzte sowie Krankenhäuser) und Kostenträgern (Krankenkassen). Sie können daher weder als niedergelassene (Zahn-) Ärztin bzw. niedergelassener (Zahn-) Arzt oder bei einem Leistungserbringer, dessen Verband im Bundesausschuss zu dem jeweiligen Thema mitwirkungsberechtigt ist, noch bei einer Krankenkasse tätig sein. Versichertenvertreter/innen in der Selbstverwaltung der Krankenkassen können als sachkundige Personen mitwirken.

2. Eine Benennung setzt voraus, dass die jeweilige sachkundige Person, die für die spezifischen Anforderungen des jeweils zu besetzenden Gremiums erforderliche Sach- und Fachkompetenz darlegen kann, und dass sie über ihre eigene Organisation in Strukturen eingebunden ist, die eine Abstimmung von und einen Austausch zu Patienteninteressen gewährleisten.

3. Sachkundige Personen können neben den maßgeblichen Organisationen nach § 140f SGB V auch von weiteren, nicht gemäß § 2 Abs. 1 Patientenbeteiligungsverordnung (PatBeteiligungsV) als maßgeblich anerkannten Organisationen entsendet werden. Satz 1 gilt jedoch nur, sofern diese Organisationen von den maßgeblichen Organisationen gem. § 140f SGB V nach Maßgabe des § 10 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 13 (Verfahren der Akkreditierung der Geschäftsordnung des Koordinierungsausschusses auf Bundesebene) als entsendeberechtigt akkreditiert wurden. Die entsendeberechtigten Organisationen dürfen in ihrer Existenz oder ihrer Arbeit nicht von der Unterstützung einzelner oder mehrerer Leistungserbringer oder von Leistungen der GKV abhängig sein.

4. Die Benennungen werden auf eine Amtszeit von 2 Jahren befristet.

5. Benennungen können einschränkend für bestimmte Gremien oder für spezifische Beratungsthemen eines Gremiums oder noch kürzer befristet ausgesprochen werden.

Verfahren

§ 8 Beschlussfassung

Die Beschlussfassung im Koordinierungsausschuss auf Landesebene erfolgt nach folgenden Maßgaben:

1. Die im Koordinierungsausschuss nach § 3 mitwirkenden Landesorganisationen schlagen sachkundige Personen zur Benennung vor und haben ein Antragsrecht zur Aufhebung einer Benennung. Die Anträge müssen begründet werden.

2. Die Beschlussfassung erfolgt nach Maßgabe der folgenden Regelungen:

1. Jedes Mitglied des Koordinierungsausschuss hat eine Stimme. Ist ein Mitglied an der Sitzungsteilnahme verhindert, geht das Stimmrecht auf das stellvertretende Mitglied über. Die Stimme kann im Einzelfall auch auf ein anderes Mitglied übertragen werden. Die Stimmrechtsübertragung ist in Schriftform mitzuteilen und im Protokoll zu vermerken.

2. Das Gremium fasst seine Beschlüsse grundsätzlich mit der einfachen Mehrheit der anwesenden Stimmen, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist. Er ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder nach § 3 vertreten sind. Unabhängig davon, strebt das Gremium für all seine Entscheidungen eine einvernehmliche Beschlussfassung an. Das Einvernehmen liegt vor, wenn in einer Sitzung des Gremiums ein positives Votum aller anwesenden stimmberechtigten Mitglieder abgegeben wird.

3. Beschlussfassung über Akkreditierungen und Benennungen erfolgen einvernehmlich.

4. Für die Aufhebung einer Benennung/Akkreditierung reicht einen einfache Mehrheit.

§ 9 Obliegenheiten von Patientenvertreter*innen

Die Vertretung von Patienteninteressen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe erfordert das Selbstverständnis von Patientenvertretung sowohl die Berücksichtigung der kollektiven Patientenbelange als auch der individuellen Betroffenenperspektive. Für eine effiziente Vertretung von Patienteninteressen gilt es daher, unterschiedliche Meinungen zu tolerieren und zu akzeptieren, Konsens zu finden und Dissens ggfs. auch klar zu benennen. Da in jedem Gremium nur eine begrenzte Anzahl von Patientenvertreter*innen beteiligt sein kann, erfordert die Übernahme der Aufgabe zudem ein hohes Maß an Verlässlichkeit und Kommunikationsfähigkeit. Aus diesen Gründen ist die Einhaltung der in diesem Paragraphen geregelten Obliegenheiten Maßstab für eine verantwortungsvolle Wahrnehmung der Aufgabe.

1. Teilnahme an den Sitzungen der Gremien
Die benannten Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter sind gehalten, an den Sitzungen der Gremien teilzunehmen, für die sie benannt sind.

2. Verhinderung
Soweit an Stelle eines benannten Patientenvertreters bzw. einer benannten Patientenvertreterin eine stellvertretende Person an den Sitzungen teilnehmen soll, kann dies nur dann erfolgen, wenn die Stellvertreter*innen ebenfalls akkreditiert und benannt sind.

3. Eine selbständige Benennung gegenüber der Geschäftsstelle in Gremien ist nicht möglich.

4. Abstimmung von Positionen
Für eine effiziente Vertretung von Patienteninteressen ist ein Abstimmungsprozess unerlässlich.
Der Koordinierungsausschuss auf Landesebene regelt, wie ein Informationsaustausch und Abstimmungsprozess zu Positionen der Patientenvertretung gewährleistet werden kann. Denkbar sind Kurzberichte über die Sitzungen, an denen die Patientenvertreter*innen teilgenommen haben, regelmäßige Abstimmungstreffen oder eine Vollversammlung aller Vertreter*innen.

Über wichtige Diskurse in den Landesgremien, die für die Bundesebene von Bedeutung sind, informiert die federführende Stelle den Koordinierungsausschuss auf Bundesebene.

§ 10 Weitergabe von Kontaktdaten

Kontaktdaten von Patientenvertreter*innen können innerhalb der Patientenvertretung zur Erleichterung der Gremienarbeit weiter gegeben werden. Die Weitergabe an Dritte erfolgt jedoch nur im Einverständnis mit der jeweiligen Patientenvertreterin bzw. dem jeweiligen Patientenvertreter.

§ 11 Schriftform

Änderungen und Ergänzungen dieser Geschäftsordnung bedürfen der Schriftform sowie eines entsprechenden Beschlusses des Koordinierungsausschusses gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3 Satz 4.

§ 12 Salvatorische Klausel

Sollten einzelne Teile dieser Geschäftsordnung unwirksam sein oder werden, bleiben die übrigen Teile davon unberührt.